Einer der wichtigsten Aspekte beim Fotografieren, vor allem in der Bildgestaltung sind Kontraste. Sie vermitteln einerseits einen 3D Effekt in der 2D Bildaufnahme, anderseits behalten sie den Blick des Betrachters länger auf dem Bild. Somit sind Kontraste für spannendere Fotos unerlässlich. Die gute Nachricht ist: einige Kontraste kennen wir ganz gut und nutzen sie sogar unbewusst. Doch es ist wichtig sie zu kennen und zu wissen wie sie anzuwenden sind.
Die Definition und die Regeln der Kontraste auf Bildern haben ihren Uhrsprung in der Malerei, woher eigentlich auch die Fotografie herkommt. Diese werden dort schon seit je angewendet und sie wurden in der Fotografie übernommen und ergänzt.
Welche Kontraste gibt es in der Fotografie? Kontraste sind vielseitig und tauchen hier in unterschiedlichen Zusammenhänge auf. Zusammengefasst können Kontraste in einige wenige Kategorien unterteilt werden:
- Motivkontraste
- Dynamikumfang
- Kontraste in der Bildgestaltung
- Helligkeitskontraste
- Farbkontraste
- Strukturkontraste
- Größenkontraste
- Gegensätze
- Kontraste in der Nachbearbeitung
Überall, ob bei der Aufnahmetechnik, bei der Bildgestaltung oder der Nachbearbeitung sollten Kontraste immer beachtet werden, denn sie spielen eine bedeutende Rolle. Der Dynamikumfang hängt ganz stark mit der Technik zusammen, genauer genommen mit dem Aufnahmevermögen des Kamerasensors.
Die Kontraste in der Bildgestaltung können eine bestimmte Wirkung erzeugen, welche sich auf das Empfinden des Betrachters auswirkt. Dieses kann durch starke, schwache, größen- oder gegensätzliche Kontraste umgesetzt werden. Die Kontraste in der Nachbearbeitung runden das Bild noch auf, indem sie durch eine Fotobearbeitungs-Software verstärkt oder vermindert werden.
Jeder dieser Kontraste spielt in der Gesamtgestaltung des Bildes eine eigene Rolle und kann in Kombination oder als Ergänzung eingesetzt werden. Schauen wir uns mal diese Kontraste im Detail an.
1. Der Motivkontrast oder der Dynamikumfang
Die Basis für ein gutes Bild wird direkt bei der Aufnahme durch eine gute Belichtung gesetzt. Die Belichtung wird bestimmt durch die Blende, der Verschlusszeit und dem ISO-Wert, die in Kombination das Bild weder zu hell noch zu dunkel erscheinen lassen sollten.
Bilder haben in der Regel sowohl helle als auch dunkle Stellen und diese gilt es durch die Belichtung in einem Gleichgewicht zu bringen. Der Unterschied zwischen der hellsten und der dunkelsten Stelle, also der Hell-Dunkel-Kontrastumfang des Motivs wird auch als Motiv-Kontrast bezeichnet.
Die Belichtung ist jedoch sehr subjektiv und ist dann richtig, wenn der Fotograf oder der Betrachter sie für angenehm empfindet. So können auch überbelichtete oder unterbelichtete Stellen einen schönen Effekt im fertig bearbeiteten Bild haben. Für die RAW Aufnahme jedoch sollte die Belichtung idealerweise mit dem Histogramm eingestellt werden.
Der Kurvenverlauf direkt an den Seiten des Histogramms verrät, ob alle Details eingefangen wurden oder ob der Kontrastumfang des Motivs den der Kamera übersteigt. Links die dunklen Bereiche, rechts die hellen. Damit vermeidest du „abgesoffene Stellen“, die selbst aus dem RAW nicht mehr zu retten sind.
Quelle: TorstenStolze/Youtube
Dieses Video erklärt sehr gut wie du das Histogramm verstehen und nutzen kannst.
Der Dynamikumfang
Die Qualität der Aufnahme, der Motivkontraste hängt ganz entscheidend vom Sensor ab. Besser gesagt, von dessen Dynamikumfang der bei einer digitalen Kamera aus technischen Gründen begrenzt ist. Meine Kamera, eine Sony a 6500 bringt es bei ISO 100 auf einen EV Wert von 13. In Vergleich dazu, eine Sony A7 mit einem Vollformat Sensor kommt auf 14 EV. EV steht hier für „Exposure Value“ und bedeutet Belichtungswert.

Hier sei noch zu erwähnen, dass der Dynamikumfang mit zunehmendem ISO-Wert sinkt. Das ist einer der Gründe weshalb du versuchen solltest den ISO Wert möglichst niedrig zu halten.
Es gibt Situationen, in denen das Motiv einen höheren Hell-Dunkel-Kontrastumfang aufweist als die Kamera es verarbeiten kann die dann zu diesen erwähnten „ausgefressenen“ oder „abgesoffenen“ Bereichen im Bild führen. In diesen Fällen kannst du das als Fotograf mit einigen Tricks beeinflussen:
- entweder du arbeitest am Licht, um den Kontrast zu reduzieren. Eine weitere Lichtquelle einzubauen oder bestimmte Stellen abzudunkeln könnte das Problem beheben
- oder du erstellst HDR-Bilder, welche eine Zusammenführung mehreren Aufnahmen mit unterschiedlichen Belichtungen sind. Eine richtige HDR Aufnahme erfolgt manuell auf 3, 5, oder mehr Fotos die im Nachgang über eine Software zusammengefügt werden. Doch oft reicht auch die automatische Funktion der Kamera aus. Selbst Smartphone zum Beispiel können das, sogar mit bewegten Motiven. Doch hier gibt es auch Grenzen.
2. Der Helligkeitskontrast
Der Helligkeitskontrast oder der Hell-Dunkel-Kontrast ist wahrscheinlich der bekannteste und am meisten wahrgenommener Kontrast. Häufig wird er einfach nur Kontrast genannt. Er entsteht bei der Aufnahme durch die gezielte oder ungezielte Auswahl des Motivs. Ein niedriger Kontrast ist dann, wenn das Bild keine großen Unterschiede zwischen hell und dunkel aufweist. Dieser Kontrast übermittelt Ruhe, Harmonie, Ausgeglichenheit.
Hier sind viele Details noch sichtbar und die Bildführung wird auf das gesamte Bild gesetzt. Bei einem hohen Kontrast hingegen finden wir stark aufgehellte oder abgedunkelte Stellen. Der Mittelbereich rückt in den Hintergrund und macht Platz, je nach Intensität für Bereiche die bis zu Schwarz-Weiß gehen können. Hier wird Dynamik, Dramatik, Spannung, Aufregung übermittelt.
3. Der Farbe-an-sich-Kontrast
Der Farbe-an-sich-Kontrast, auch Farbton-Kontrast, ist einer der eindeutigsten Kontraste und entsteht dann wenn Farben abgetrennt angrenzend zusammenkommen. Je bunter ein Bild, umso höher dieser Kontrast. Am stärksten ist dieser Kontrast wenn reine Farben wie Gelb, Rot oder Blau verwendet werden. Je nachdem was für einen Stil der Fotograf verfolgt, kann der Farbe-an-sich-Kontrast manchmal auch zu viel sein.
4. Der Kalt-Warm Kontrast
Johannes Itten (1888–1967) hat bei seiner Untersuchung der Farben und deren Auswirkung auf den Betrachter, einen Farbkreis entwickelt der auch heute, als Basis vieler farblichen Darstellungen steht. Er fand heraus, dass die Wirkung der Farben sich auf das Empfinden von Menschen und Tieren auswirkt.
So empfanden Testpersonen den Temperaturunterschied zwischen einem blaugrünen und einem rotorangen Raum um bis zu 4 Grad. Er fasste alle als kalt geltenden Farben auf der linken Seite und alle warm geltenden Farben auf der rechten Seite seines Farbkreises um genau diesen Kalt-Warm Unterschied zu verdeutlichen.

Quelle: Wikipedia
Daraus abgeleitet, entsteht der Kalt-Warm-Kontrast durch das Zusammenführen von gegenüber gesetzte Farben. Er übermittelt Empfinden wie: beruhigend-erregend, dünn-dick, durchsichtig-undurchsichtig, fern-nah oder feucht-trocken.
Vor allem in der Landschaftsfotografie hat dieser Kontrast eine große Bedeutung weil er einen räumlichen Eindruck des Bildes übermittelt. Aus der Natur kennen wir es manchmal, dass Motive in der Entfernung kälter, beziehungsweise bläulich, erscheinen. Gute Beispiele dafür sind der Himmel, die Berge oder Waldlandschaften.
Je ferner diese sind, umso bläulicher ist die Wirkung. Der Vordergrund hingegen ist oft warm: braun-orange die Erde, rot-orange die Dächer. Ein Bild, auf dem beispielweise ein grünes Feld mit einem blauen Himmel abgebildet ist, hat keinen Kalt-Warm-Kontrast. Hier muss die Spannung durch andere Effekte erzielt werden.
5. Der Qualitätskontrast
Der Qualitätskontrast wird zwischen gesättigten, leuchtenden Farben und ungesättigten, trüben Farben erzeugt. Dabei erscheinen die leuchtenden Farben noch kräftiger als normal eben weil sie im Kontrast zu den trüben Farben stehen und das trägt so wesentlich zur Stimmung des Bildes bei.
Nebel, Dunst oder auch Glasscheiben sind perfekte Elemente um diesen Kontrast zu erzeugen.
6. Der Quantitätskontrast
Der Quantitätskontrast wir auch noch Proportion- beziehungsweise Mengenkontrast genannt. Er entsteht dann, wenn die verschiedenen Farbflächen ein ausgewogenes Verhältnis im Bild bekommen. Dieses Verhältnis wirkt dann harmonisch wenn die Proportionen der Farben abhängig von ihrer Leuchtkraft sind.
Goethe erstellte als einer der ersten einfache Zahlenverhältnisse wie zum Beispiel: ein Teil Orange zu zwei Teilen Blau oder ein Teil Gelb zu drei Teilen Violett. Rot und Grün stehen bei gleichen Anteilen im Gleichgewicht. Solche harmonische Quantitäten geben dem Bild eine beruhigende Wirkung.
Detailliertere Werte kannst du hier entnehmen: https://lehrerfortbildung-bw.de/st_digital/medienkompetenz/gestaltung-farbe/kontrast/quan-kon/. Es ist meiner Meinung nach ausreichend sich anfangs nur mit den groben Werten zu beschäftigen. Mit der Zeit wirst du dein Auge automatisch darauf schulen.
7. Der Komplementärkontrast
Der Komplementärkontrast entsteht zwischen zwei Farben die gemischt einen neutralen Grauton ergeben. Diese Farben werden komplementär genannt und können in der Farb-Fotografie durch eine Konvertierung in schwarz-weiß erkannt werden.
Komplementäre Farben stehen sich im Farbkreis gegenüber, wie zum Beispiel Orange und Blau. Sie verstärken sich gegenseitig und lassen das Bild leuchtender wirken.
8. Der Simultankontrast
Der Simultankontrast ist eigentlich eine optische Täuschung, besser gesagt eine optische Überflutung einer Farbe durch eine andere angrenzende Farbe. So wirkt eine rote Fläche, die von einer blauen Farbe umgeben wird eher orange. Genauso bekommt eine weiße Farbe einen rötlichen Schimmer wenn sie von grün umgeben ist.
Der Sehsinn erstellt sich imaginär die Komplementärfarbe dazu, um ein einheitliches Ganzes zu erzeugen. Der Simultankontrast beeinflusst nicht nur den Farbton, sondern auch die Intensität der Farben. So wirkt eine graue Farbe auf einem gelben Hintergrund nicht nur blaustichiger, sondern auch heller als auf einem weißen Hintergrund.
9. Der Strukturkontrast
Regelmäßige Strukturen oder auch Muster, insbesondere regelmäßige Formen werden schnell als homogene Flächen wahrgenommen. Je größer und geometrischer die Muster sind, desto stärker heben sie sich von anderen Bereichen ab und maximieren das Aufmerksamkeitspotential.
10. Der Größenkontrast
In der Fotografie kann mithilfe der Entfernung, der Perspektive oder auch der Technik gesteuert werden wie viel einzelne Bildelemente auf dem gesamten Bild einnehmen können. Je näher das Motiv, umso größer erscheint es im Bild. Unterschiedliche Perspektiven verändern ebenfalls die Wahrnehmung.
So erscheint ein Kind, welches von oben fotografiert wird sehr klein wohingegen die Froschperspektive dasselbe Kind größer und stärker wirken lässt. Auch mit Technik, besser gesagt mit dem Objektiv kann dieser Kontrast erzeugt werden. Weitwinkelobjektive zum Beispiel lassen Vordergrundmotive wie Blumen oder Steine sehr groß erscheinen, wenn sie von nahe abgebildet werden.
Ein wichtiger Effekt des Größenkontrastes ist auch der Punkt-Flächen Kontrast. Dieser entsteht dann, wenn ein vergleichbares kleines, aber klar erkennbares Bildelement auf einer eher einheitlichen Fläche platziert wird. Das Bildelement nimmt dabei lediglich einen kleinen Prozentsatz des gesamten Bildes ein, muss sich aber durch seine Helligkeit, Farbe, Form, Struktur und/oder Schärfe deutlich von seiner direkten Umgebung sowie der gesamten Bildfläche abheben.
Es ist klar erkennbar. Und deshalb muss dieses Element inhaltlich sehr interessant sein, um dem Bild die nötige Spannung zu geben. Feine Details und eine gute Schärfe verhelfen, dass das Auge des Betrachters länger auf dem Bild verweilt. In dem Zusammenhang sollte das Motiv nicht mittig platziert werden.
Es gibt zwar Ausnahmen, aber je näher dieses am Bildrand sitzt, desto stärker ist die Spannung. Das Ergebnis dieser Methode sind Bilder, die aufgeräumt, ausgewogen und dennoch spannungsreich sind.
11. Gegensätze als Kontraste für spannendere Fotos
Ein besonderer Kontrast ist der, der Gegensätze und dieser wird leider in der Fotografie oft vernachlässigt. Gegensätze und Widersprüche führen ebenfalls zu spannungsreichen und inhaltlich interessanten Aufnahmen.
Bekannte Klischees unterstützen diesen Kontrast sehr gut, wie zum Beispiel alt-neu, hübsch-hässlich, fröhlich-traurig, männlich-weiblich oder andere. So kann ein altes Gebäude inmitten moderner Architektur sehr spannend wirken.
12. Kontraste in der Nachbearbeitung
Bilder sollten in der Regel nachbearbeitet werden, vor allem RAW Bilder sind lediglich Rohdaten, die so noch nicht fertig sind. In der RAW Datei stecken viele Informationen die erst durch die RAW Entwicklung sichtbar werden. Der Kontrast ist eine dieser Informationen, die du in der Nachbearbeitung herausholen kannst.
Insbesondere im Zusammenspiel von Schatten und Lichtern können hohe Kontraste bei gleichzeitig mehr Details erzeugt werden. Du kannst zum Beispiel dunkle Stellen aufhellen (Schatten), helle Stellen abdunkeln (Lichter) und anschließend den Kontrast erhöhen. Du wirst dich wundern, was da alles noch geht.
Je nach Motiv und Stil kann hier auch übertrieben werden, hier gilt es auch wie so oft: weniger ist manchmal mehr.
Meine größte persönliche Erfahrung mit diesem Thema hatte ich als ich mal daheim eine Familien-Foto-Session vorbereitet habe. Ich war gerade damit beschäftigt, die Blitz-Einstellungen vorzunehmen. Das Motiv waren meine spielenden Kinder. Die ersten Fotos waren so überbelichtet, dass eigentlich nichts zu erkennen war.
Beim Importieren der Bilder hatte ich in Capture One die „Automatisch-Anpassen“ Option gesetzt, um schnell zu erkennen, ob das Foto zu gebrauchen ist oder nicht. Eines dieser Test-Fotos konnte automatisch schon so gut bearbeitet werden, dass es nur mit wenig manueller Nachbearbeitung das Foto des Tages wurde.
Prüfe ob gerade ein Angebot läuft!
So, jetzt wo du zumindest theoretisch für deine Fotografie die Kontraste für spannendere Fotos kennst und mit Sicherheit auch einsetzen wirst, kann ich dazu ergänzend noch auf meinen Artikel über die 14 Fehler die du als Fotograf vermeiden solltest verweisen. Hier erkläre ich dir zusätzliche Tricks für weitere Spannung in deinen Bildern.
Wow, mega guter Artikel mit richtig genialen Fotos und Erklärungen! 🙂 Ich finde das Thema Kontraste in der Fotografie ist eines der spannendsten!
Vielen Dank für Deinen Besuch auf meinem Blog. Ich folge Dir nun direkt auf Pinterest. 🙂
Liebe Grüße von Berlin nach München.
XX,
http://www.ChristinaKey.com
Hallo Christina, vielen lieben Dank. Ja, Kontraste sind sehr wichtig in der Fotografie 🙂
Man kommt an ihnen nicht vorbei wenn man mit seinen Fotos Spannung aufbauen möchte.
Ich danke dir ebenfalls für den Besuch, und schicke dir Liebe Grüße nach Berlin.
Mach weiter so. Volker